Zwischen 2012 und 2021 sind mehr als 151.000 Menschen nach Chemnitz gezogen bzw. in Chemnitz eingetroffen. Mehr als 44.000 davon erreichten Chemnitz via Erstaufnahme-Einrichtung in Ebersdorf, die Asylbewerber und Flüchtlinge in Chemnitz aufnimmt und dort erstmalig registriert (und somit als Zuzüge zählt). Klammert man Ebersdorf als "statistischen Sonderfall" aus (ein Großteil der dort aufgenommenen Menschen wird auf andere sächsische Städte und Gemeinden verteilt), so bleiben 107.000 Zuzüge übrig, die sich alle weiteren 38 Stadtteile verteilen. Knapp 72 % dieser Zuzüge bündeln sich in nur 10 Stadtteilen: der folgende Blog-Artikel nennt diese Stadtteile und charakterisiert deren städtebauliche und soziodemographischen Besonderheiten.
► Rang 1: Bernsdorf (14.300 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 2 km)
Sozialstrukturell ist der Stadtteil für Chemnitzer Verhältnisse relativ jung (naturgemäß viele in den 20ern), der Ausländeranteil ist mit 26 % einer der höchsten in Chemnitz (TOP 3-Nationalitäten: Indien, China, Ukraine), die Sozialdaten sind für einen innerstädtischen Stadtteil recht solide , d. h. Arbeitslosigkeit und Hartz IV-Bezug bewegen sich unterhalb des städtischen Mittelwertes.
► Rang 2: Zentrum (15.900 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 1 km)
Das Zentrum ist – unter baulichen Aspekten sowie im Hinblick auf seine Nutzung betrachtet - das heterogenste Teilgebiet von Chemnitz. Es weist aufgrund seiner Historie (weite Teile wurden im 2. Weltkrieg zerstört) einen bunten Mix an Wohngebäudetypen auf (verschiedene Wohngebiete: Brühl, Reitbahnviertel, Plattenbauten an der Straße der Nationen/Brückenstraße, Schloßteich); dazu kommen weitere Büro-, Gewerbe-, Verwaltungsgebäude aller Art (z. B. Rathaus, Kaufhof, Galerie Roter Turm, Zentralen der Sparkasse oder Eins Energie) sowie eine Vielzahl von Freizeit-, Kultur und Bildungseinrichtungen (z. B. Smac, Opernhaus, Teile der TU Chemnitz). Das Zentrum ist der Stadtteil von Chemnitz, der sich sozialstrukturell in den letzten Jahren am deutlichsten geändert hat; der Anteil der ausländischen Bevölkerung liegt bei 40 % (die größten Gruppen sind Menschen aus Syrien, aus der Ukraine und Afghanistan), die soziale Lage der Bevölkerung – insgesamt betrachtet – ist überdurchschnittlich schlecht. Arbeitslosigkeit und Hartz IV-Bezug sind die höchsten im Stadtgebiet, die Wahlbeteiligung gehört regelmäßig zu den geringsten. Dennoch ist das Zentrum in Chemnitz der Stadtteil, der in den vergangenen Jahren am meisten Einwohner zugelegt hat (+30 % seit 2012). Dies ist nicht nur auf Zuwanderung aus dem Ausland zurückzuführen, sondern auch der Revitalisierung des „Brühls“ geschuldet – einem Wohngebiet im Norden des Zentrum (zwischen Straße der Nationen und Mühlenstraße), das nach Jahren des Dornröschenschlafs nahezu vollständig saniert wurde.
► Rang 3: Sonnenberg (17.000 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 1,5 km)
Der Sonnenberg wird vom Stadtteil Zentrum entlang des Bahnhofs und der Gleisanlagen abgetrennt. Seinen gründerzeitlichen Charakter entfaltet er entlang der Hainstraße und dessen Seitenstraßen in Richtung Dresdner Straße bzw. in Richtung Zietenstraße. Es existieren aber auch einige Plattenbauten („südl. Sonnenberg“), weiter hinten teilweise Richtung Fürstenstraße auch genossenschaftliches, weniger verdichtetes Wohnen. Das recht bekannte Johannes-Kepler-Gymnasium befindet sich hier. Am Rande des Sonnenbergs befinden sich das Einkaufszentrum „Sachsen-Allee“ (Dresdner Straße, Ecke Thomas-Mann-Platz), das Fußballstadion des Chemnitzer FC und der Zeisigwald.
Tiefergehende Informationen zu Chemnitz und seinen Stadtteilen bieten die "CHEMNITZ für.."-Ratgeber von CHEMNITZ in ZAHLEN.
► Rang 4: Kaßberg (18.500 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 1,5 km)
Der Kaßberg ist wohl der bekannteste Chemnitzer Stadtteil. Er ziert viele Tourismus-Broschüren und gilt als „Europas größtes zusammenhängendes Jugendstilviertel“. In der Realität ist der Stadtteil ein 2 km² großes Teilgebiet, das gerade am Anfang („Kaßbergauffahrt“) auch aus viel Nicht-Gründerzeit-Gebäuden besteht. Tatsächlich wurden von den 11.000 Wohnungen auf dem Kaßberg nur etwas mehr als 50 % vor 1918 erbaut (weitere 15 % in der Zwischenkriegs-zeit sowie 21 % zwischen 1949 und 1970). Entlang der Barbarossastraße oder auf der Weststraße Höhe Ulmenstraße zeigt der Kaßberg seine ganze Pracht an Gründerzeit- bzw. Jugendstilgebäuden. Nirgendwo in Chemnitz ist die Bevölkerungsdichte so hoch hier, entsprechend schwierig gestaltet sich die Parkplatzsituation. Der Stadtteil steht abseits der großen Straßen für gepflegtes, fast schon ruhiges Wohnen. Die Sozialstruktur ist im innerstädtischen Vergleich sehr ausgewogen und nur durch geringe Problemlagen gekennzeichnet. Aufgrund seiner relativ jungen Bevölkerungsstruktur verzeichnet der Kaßberg regelmäßig die meisten Geburten in Chemnitz. Auf dem Kaßberg befinden sich zwei Gymnasien, darunter dem Andrégymnasium die größte Schule von Chemnitz. Die GRÜNEN holen regelmäßig ihre meisten Stimmen auf dem Kaßberg.
► Rang 5: Schloßchemnitz (14.100 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 2 km)
In Schloßchemnitz befindet sich mit der Schloßkirche und dem Schloßviertel (jeweils in unmittelbarer Nähe zum Schloßteich) zwei Orte, die im klassischen Chemnitz-Reiseführer als die Wiege der Stadt Chemnitz beschrieben werden. Für die heutige Wohnrealität ist jedoch weitaus mehr von Belang, dass die überwiegende Bausubstanz im Stadtteil in der Gründerzeit errichtet wurde und dass der Stadtteil in zwei Bereiche zerfällt. Der östliche Teil entlang der Straße der Nationen / Blankenauer Straße beinhaltet mit dem „Nordpark“ ein kleines kompaktes, vollständig saniertes gründerzeitliches Wohngebiet entlang des Chemnitz-Flusses.
Das zweite Gebiet namens „Schloßviertel“ erstreckt sich als „Villengebiet“ entlang der Küchwaldstraße / Salzstraße. Hier zeigen sich abseits der klassischen Gründerzeit-Mehrfamilienhäuser Wohngebäudestrukturen, wie sie für die wohlhabenderen Bürger am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert angelegt wurden. Im Gebiet entlang der Leipziger Straße sind aber auch Plattenbauten und moderner Wohnungsneubau nach 1990 zu finden. Schloßchemnitz ist daher der innerstädtische Stadtteil von Chemnitz, der seit der Wiedervereinigung am stärksten gewachsen ist.
Was beide Gebiete verbindet, ist die Nähe zum Zentrum, zum Schloßteich und zum Küchwald. Im Küchwald selbst fährt die Parkeisenbahn, auf der Küchwaldwiese finden regelmäßig verschiedene Volksfeste statt.
Insgesamt betrachtet weist Schloßchemnitz sozialstrukturell typische Werte der Kernstadt von Chemnitz auf. Die Bevölkerung ist sehr heterogen zusammengesetzt; die Arbeitslosenquote und der Anteil der Bewohner, die existenzsichernde Leistungen erhalten, bewegen sich ebenso wie der Ausländeranteil im städtischen Durchschnitt.
► Rang 6: Gablenz (15.200 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 3 km)
Gablenz ist der viert bevölkerungsstärkste Chemnitzer Stadtteil, hat aber bei weitem nicht den Ruf wie der Sonnenberg oder der Kaßberg. Vordergründig liegt das wohl daran, dass viele Bewohner des Stadtteils im Plattenbaugebiet „Hans-Beimler“ wohnen. Die Bewohnerschaft hier ist ziemlich alt; der Rentneranteil ist entsprechend hoch (ein Drittel ist über 65 Jahre), soziale Probleme halten sich dadurch in Grenzen; Unbeteiligte hören normalerweise wenig aus dem Stadtteil.
Gablenz hat aber weitaus mehr als nur Platte zu bieten. Im Umkreis der Charlottenstraße Ecke Clausstraße gibt es auch gründerzeitliche Wohnstrukturen, die denen des Sonnenbergs ähneln. Mit der „Gartenstadt“ entlang der Geibelstraße (Vermieter ist hier die CAWG) und dem Gebiet „Heimgarten“ gibt es zwei Wohngebiete aus der Zwischenkriegszeit, die architektonisch als Kleinod bezeichnet werden können. Die Gartenstadt und deren Sanierung wurde mit dem 'Deutschen Bauherrenpreis' ausgezeichnet. Beide Gebiete sind für Chemnitzer Dimensionen preislich vergleichsweise teuer.
Bevölkerungsstrukturell ist Gablenz durch einen geringen Ausländeranteil (einstellig) geprägt (TOP3-Herkunftsländer: Ukraine, Syrien, Afghanistan). Deren Zuzug in den Stadtteil hielt sich in den letzten Jahren in Grenzen, sodass Gablenz relativ bevölkerungsstabil war. Insgesamt sind die Sozialdaten von Gablenz im kernstädtischen Vergleich unaufällig.
► Rang 7: Kappel (9.900 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 3 km)
Der Stadtteil Kappel bildet den Beginn des Fritz-Heckert-Gebiets im Süden der Stadt, das beginnend in den 1970er Jahren gebaut wurde. Zwei Drittel des Wohnungsbestandes sind daher Plattenbauten, einerseits früher DDR-Plattenbau (entlang der Irkutsker Straße mit max. 5 Etagen) und dann später DDR- Plattenbau an der Straße Usti nad Labem / Dr. Salvador-Allende-Straße. Hier findest Du mit den 9 oder 11-geschossigen Wohngebäuden die höchsten Wohngebäude in der Stadt. In einem klassischen 9-Geschosser befinden sich 36 Wohnungen pro Eingang. Der Wohnungsmarkt hier ist hart umkämpft: neben GGG und Genossenschaften ist hier auch TAG Wohnen mit seinem „Familienquartier“ am Start; die Preise sind entsprechend günstig.
Zusätzlich dazu gibt es noch das historische Kappel, das aus gründerzeitlichen Wohngebäuden aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg (Bereich Chopinstraße, Richard-Wagner-Straße) und aus genossenschaft-lichem Wohnungsbau der Zwischenkriegszeit (Lützowstraße/Platnerstraße) besteht. Diese Siedlung wurde zwischen 1921 und 1931 errichtet und steht heute größtenteils unter Denkmalschutz (Vermieter ist die SWG eg).
Sozialstrukturell ist Kappel relativ problembelastet. Im historischen Bereich sind die Verhältnisse noch recht stabil, im Plattenbaubereich treffen viele alte Menschen (die dort teilweise schon seit mehreren Jahrzehnten wohnen) auf vergleichsweise viele Arbeitslose und Hartz IV-Empfänger.
► Rang 8: Lutherviertel (5.400 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 1,5 km)
Das Lutherviertel ist Chemnitz kleinster Stadtteil (nur 0,6 km²) und liegt im Dreeick Zschopauer Straße und Clausstraße, von weitem deutlich erkennbar durch die 64 Meter hohe Lutherkirche. Das Lutherviertel ist statistisch gesehen Chemnitz‘ jüngster Stadtteil: durch die Nähe zur Technischen Universität und zur Innenstadt wohnen viele junge Leute, Familien und vor allem Studierende dort. Jeder vierte Bewohner ist zwischen 18 und 29 Jahren; die Zahl der Rentner im Stadtteil ist für Chemnitzer Verhältnisse verblüffend gering. Bei der Zahl der Geburten – gemessen je 1.000 Einwohner – liegt das Lutherviertel in den letzten 10 Jahren auf Rang 1 in Chemnitz. Der Stadtteil hat entsprechend in den letzten Jahren viele Einwohner hinzugekommen und bildet mit dem angrenzenden Zentrum und dem Sonnenberg das wachstumsstärkste Gebiet in Chemnitz. Im Stadtteil existieren fast ausschließlich Mietwohnungen, knapp die Hälfte davon wurde in den Jahren zwischen 1949 und 1969 errichtet, ein weites Viertel zwischen 1919 und 1948. Einhergehend mit der hohen Wohn- und Bevölkerungsdichte (mehr als 8.000 EW je km²) sind die sozialstrukturellen Werte typisch für die Chemnitzer Kernstadt. Die Arbeitslosenquote, der Ausländeranteil (17 %) und der Anteil der Bewohner, die existenzsichernde Leistungen erhalten, sind leicht überdurchschnittlich. Aufgrund vieler Umzüge ist der Stadtteil durch eine hohe Bevölkerungsmobilität gekennzeichnet.
► Rang 9: Altendorf (12.000 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 2,5 km)
Altendorf ist ein baulich sehr heterogener, sozialstrukturell im Vergleich zu anderen kernstädtischen Stadtteilen recht starker Stadtteil. Er bietet auf seinen 4 km² Stadtfläche alles, was der Chemnitzer Städtebau in den letzten 150 Jahren hervorgebracht hat. Außerdem beherbergt Altendorf mit dem Klinikum Chemnitz (Standorte Flemmingstraße und Bürgerstraße) das drittgrößte Krankenhaus Deutschlands in kommunaler Trägerschaft – mit 1.785 Planbetten ein Krankenhaus der Maximalversorgung.
Der überwiegende Teil des Wohnens findet in der Nähe des Krankenhauses rechts der Limbacher Straße (stadtauswärts) statt. Knapp die Hälfte der Bausubstanz stammt aus den Jahren 1949 bis 1969, vor allem das Flemming-Gebiet (erbaut zwischen 1963 und 1966) aus der frühen Phase des industriellen Wohnungsbaus der DDR ist hier zu finden. An der Ammonstraße findet sich auch genossenschaftliches Bauen aus der Zwischenkriegszeit.
Ein kleinerer Teil Altendorfs grenzt direkt an den Kaßberg an und ist baulich von dessen Gründerzeitarchitektur nicht zu unterscheiden. Der Wohnungsmarkt-Report Chemnitz nennt diesen Teil nicht umsonst „Altendorf-Hinterer Kaßberg“ (die Grenze zwischen beiden Stadtteilen befindet sich an der Schiersandstraße). Wie überall in Altendorf ist auch hier ruhiges Wohnen angesagt. An den Rändern Altendorfs sind in den letzten Jahren auch Eigenheim-Wohngebiete geschaffen worden (z. B. „Steinwiese“ oder entlang der Waldenburger Straße / Bonhoefferstraße).
► Rang 10: Hilbersdorf (7.100 Einwohner / mittlere Entfernung zum Rathaus: ca. 2,5 km)
Hilbersdorf ist ein Stadtteil, der beim Blick auf die Karte etwas verwirren kann. Er ist das einzige Chemnitzer Teilgebiet, das sowohl Kontakt zum Zentrum als auch zum Stadtgebietsende hat und trotz seiner Größe (9 km²) scheinbar nur wenige Einwohner hat. Dieser Eindruck täuscht, denn mehr als die Hälfte des Territoriums wird vom Zeisigwald bedeckt. Der bewohnte Teil von Hilbersdorf (links und rechts der Frankenberger Straße) dagegen liegt zentrumsnah und ist ein innerstädtisch geprägter Stadtteil, der aber im Vergleich zum Zentrum und zum Sonnenberg weniger im Fokus steht bzw. etwas unter dem Radar läuft. Deshalb ist seine Bevölkerungszahl in den letzten Jahren stabil gewesen.
Mehr als 80 % der Wohnungen stammen aus der Vorkriegszeit, entsprechend dicht bebaut ist das Gebiet. Hilbersdorf ist ein bißchen wie der kleine Bruder vom Sonnenberg. Städtebaulich, preislich und sozialstrukturell ungefähr vergleichbar, bietet er preisgünstiges, gründerzeitliches Wohnen in recht kurzer Entfernung zur Innenstadt. Der Ausländeranteil in Hilbersdorf ist kernstädtisch betrachtet weiterhin recht gering.
Wer von Hilbersdorf in Richtung Innenstadt fährt, kommt automatisch am Einkaufs-zentrum „Sachsen Allee“ vorbei, das sich an der Grenze zwischen Hilbersdorf und dem Sonnenberg befindet.