Die Darstellung bzw. Messung des Wohnungsleerstandes in Chemnitz auf Ebene der Gesamtstadt oder der 39 Stadtteile war in der Vergangenheit stets ein schwieriges Themenfeld. Es existier(t)en verschiedene Begrifflichkeiten (z. B. rechnerischer Leerstand vs. marktaktiver Leerstand), unterschiedliche Datengrundlagen und Erhebungszeitpunkte
(z. B. Wohngebäuderegister der Stadt Chemnitz vs. Freistaat Sachsen) sowie Teil-Befunde nur ausgewählter Anbieter (z. B. GGG und Genossenschaften). Zusätzlich waren für die Berechnung des Leerstandes notwendige Variablen mit Unsicherheiten belegt (z. B. Zahl der Haushalte in Chemnitz, Zahl der wirklich auffindbaren freien Wohnungen). Kurzum: Die empirische Leerstandsforschung konnte in den letzten Jahren „nur“ aufzeigen, welche Leerstandsdaten existieren und welche Annahmen und Erkenntnisse daraus abgeleitet werden konnten. Mit Veröffentlichung der Zensus-Daten 2022 im Sommer 2024 hat sich die Leerstandsbeschreibung für Chemnitz signifikant gebessert, denn der Zensus hat im Rahmen der "Gebäude- und Wohnungszählung" eine Vollerhebung aller Gebäude sowie aller Wohnungen inkl. der Leerstände vorgenommen. Aus diesem Grund wurde das Kapitel „Leerstand“ des Wohnungsmarkt-Report Chemnitz komplett überarbeitet.
Laut den Ergebnissen des Zensus 2022 gibt es in Chemnitz insgesamt 151.862 Wohnungen. Davon sind 24.641 von den Eigentümern selbst bewohnt, 110.308 werden zu Wohnzwecken vermietet (einschließlich mietfreier Überlassungen), 160 sind privat genutzte Ferien- oder Freizeitwohnungen, und 16.753 Wohnungen stehen leer. Die rechnerische Leerstandsquote in Chemnitz beträgt somit 11,0 %.
Im Vergleich zum Zensus 2011 – der letzten vergleichbaren Erhebung – hat sich der Leerstand deutlich verringert. Damals zählte der Zensus in Chemnitz insgesamt 156.300 Wohnungen, darunter 151.500 Wohnungen in reinen Wohngebäuden. Er ermittelte 20.600 leerstehende Wohnungen (14 %), machte allerdings keine Aussage zur Qualität der Wohnungen oder zur Dauer oder zum Grund des Leerstandes. Diese Wissenslücke wurde mit dem Zensus 2022 geschlossen, denn dieser fragte explizit nach Grund und Dauer des Leerstandes.
Die Gründe für den Leerstand sind vielfältig: 12.340 Wohnungen sind innerhalb von drei Monaten wieder bezugsfähig (74 %), 2.646 Wohnungen befinden sich in laufenden oder geplanten Baumaßnahmen (16 %), 47 Wohnungen sind für den geplanten Abriss oder Rückbau vorgesehen, 311 Wohnungen stehen aufgrund des Verkaufs des Gebäudes oder der Wohnung leer, 276 Wohnungen sollen künftig selbst genutzt werden, und 1.132 Wohnungen sind aus sonstigen Gründen unbewohnt (zusammen 11 %).
Die Dauer des Leerstandes variiert: 2.950 Wohnungen stehen seit weniger als drei Monaten leer (18 %), 2.116 Wohnungen seit drei bis unter sechs Monaten (12 %), 2.978 Wohnungen seit sechs bis unter zwölf Monaten (18 %) und 8.707 Wohnungen bereits seit zwölf Monaten oder länger (52 %).
Betrachtet man beide Aspekte (Dauer und Grund) und überlegt, wie viele Wohnungen davon wirklich marktaktiv sind, so muss von einer sehr hohen vierstelligen bis hin zu einer sehr niedrigen fünfstelligen Zahl ausgegangen werden.
Exkurs: Totalleerstände
Mit Hilfe des Einwohnermelderegisters wurden 2015 erstmals die „Totalleerstände“ (Wohnadressen ohne gemeldete Einwohner) in Chemnitz ermittelt bzw. veröffentlicht. So zählte die Statistikstelle ca. 1.700 Adressen von Wohngebäuden ohne Einwohnermeldungen. Somit waren 5 % aller Wohngebäude in Chemnitz unbewohnt. Die Stadtverwaltung ging in diesen Adressen von schätzungsweise 9.400 leerstehenden Wohnungen aus, die somit als nicht-marktaktive Wohnungen klassifiziert wurden. Aktuelleres Zahlenmaterial liegt seitdem nicht vor bzw. wurde nicht veröffentlicht. Der Wert von 2015 dürfte sich seitdem aber deutlich verringert haben, da sich viele Wohngebäudesanierungen auf vollkommen unsanierte gründerzeitliche Gebäude konzentriert haben und diese wieder bewohnbar gemacht haben. Ein durchschnittlicher Altbau in Chemnitz weist 8-12 Wohnungen auf, sodass in Anbetracht der Vielzahl an Sanierungen zwischen 2015-2024 inzwischen wohl nur noch geschätzt max. 6.000 - 8.000 Wohnungen in Wohngebäuden als Totalleerstände gelten können. Mit den Zensus-Daten ist dieser Wert allerdings nicht ansatzweise in Einklang zu bringen, sondern müsste deutlich geringer liegen. Eventuell hat aber der Zensus Wohngebäude dieser Art gar nicht berücksichtigt (er berichtet von 1.700 Wohnungen in Chemnitz mit Ofenheizung oder keiner Heizung).
1. Die Grundstücks- und Gebäudewirtschafts-Gesellschaft m.b.H. (GGG) als größtes Wohnungsunternehmen in Chemnitz weist einen Gesamt-Leerstand von rund 9 % auf. Im „30 Beteiligungsbericht[1] der Stadt Chemnitz auf Basis der Ergebnisse 2023“ heißt es: "Im Jahr 2023 bewirtschaftete die Gesellschaft 23.777 Wohn- und 585 Gewerbeeinheiten. Zum 31.12.2023 standen 2.274 Wohneinheiten (Vj. 2.971 WE) der Gesellschaft leer…. Im Berichtsjahr wurden mit 2.998 Vermietungen im Vergleich zum Vorjahr (2.703 Mietbeginne) mehr Neuvermietungen abgeschlossen. Die Leerstandsquote sank im Jahr 2023 von 11,9 % auf 9,1 %.“ Ende 2021 hatte der Leerstand noch bei 3.242 WE bzw. 13,6 % gelegen. Binnen zwei Jahren reduzierte er sich damit um 4,5 %-Punkte bzw. 968 Wohnungen.
2. Die sechs großen Chemnitzer Wohnungsgenossenschaften
vermeldeten für den 31.12.2023 bei insgesamt 28.076 Wohnungen einen Leerstand von 7,4 % (2.075 Wohnungen). Nach Aussagen der Genossenschaften sind unter dem Gesamtbestand 27.396 „marktfähige“ Wohnungen zu finden, von denen wiederum nur 1.575 WE (bzw. rechnerisch 5,7 %) leer stehen. Am 31.12.2021 hatte der Gesamtleerstand der Genossenschaft bei insgesamt 28.200 Wohnungen 8,8 % (bzw. 2.481 Wohnungen) gelegen[2]. Auch hier ist – vergleichbar der GGG im Zeitraum Ende 2021 bis Ende 2023 – ein Rückgang des Leerstandes von rund 400 Wohnungen bzw. 1,4 %-Punkte zu verzeichnen gewesen.
3. Für weitere Wohnungsmarkt-Akteure liegen keine konkreten Leerstandsdaten vor. TAG Wohnen[3] gibt Ende 2023 für die „Region Chemnitz“ einen Leerstandswert von 7,4 % an, allerdings umfasst der Wert bei einem Wohnungsbestand von 8.000 Wohnungen einen weitaus größeren Kreis als nur die Stadt Chemnitz.
Addiert man die Werte der GGG und der sechs Genossenschaften in Chemnitz, so erhält man für Ende 2023 eine Leerstandsquote von exakt 8,4 % (51.850 Wohnungen, davon 4.349 leerstehend; bis auf wenige Ausnahmen dürften alle Wohnungen saniert bzw. bewohnbar sein). Die Zahl der leerstehenden Wohnungen der genannten Wohnungsmarktanbieter hat sich somit in den Jahren 2022 und 2023 infolge des Bevölkerungswachstums um rund 1.370 Wohnungen reduziert. Ende 2021 hatten rund 5.700 Wohnungen (bei 52.100 Einheiten) leer gestanden.
Exkurs: Leerstand nach Daten anderer Forschungseinrichtungen
1. Der CBRE-empirica-Leerstandsindex 2023 stellt flächendeckend für ganz Deutschland regionale Informationen über aktuelle und künftige markt-aktive Leerstände in Geschosswohnungen zur Verfügung. Grundlage der Zahlen bilden dabei Bewirtschaftungsdaten des Immobilienberatungsunternehmens CBRE (rund 915.000 Wohneinheiten zum Stichtag 31.12.2022) sowie umfangreiche Analysen und Schätzungen auf Basis der empirica-Regionaldatenbank und des Statistischen Bundesamtes. Für Chemnitz wird für das Jahr 2022 ein marktaktiver Leerstand – definiert als „freie Geschosswohnungen, die unmittelbar vermietbar oder mittelfristig aktivierbarer sind, ohne „Ruinen“ oder dysfunktionale Leerstände“ – von 8,2 % ausgewiesen[4]. Im Vergleich zum Vorjahr (9,0 %) war ein Rückgang festzustellen, der sich bundesweit über alle Landkreise/kreisfreien Städte erstreckte: „Es ist der größte Rückgang in der Historie des Leerstandsindex. Erstmals gibt es […] in keinem der 400 Kreise einen Anstieg zu vermelden.“
[1] Quelle: Stadt Chemnitz: https://www.chemnitz.de/de/aktuell/publikationen/berichte/details/30-beteiligungsbericht-der-stadt-chemnitz
[2] Quelle „Wohnungsgenossenschaftliche Perspektiven auf den Wohnungsmarkt von Chemnitz - Die Entwicklung der Stadt Chemnitz im Hinblick auf Demographie, Wohnen, Leerstand & Stadtentwicklung“
[3] Quelle: Jahresbericht 2023 der TAG Wohnen AG https://www.tag-ag.com/fileadmin/content/geschaeftsberichte/2023.12.31_TAG_Geschaeftsbericht_DE.pdf
[4] Quelle: empirica ag (https://www.empirica-institut.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen_Referenzen/PDFs/CBRE-empirica-Leerstandsindex-Methode-2023.pdf)
Mit den Daten des Zensus 2022 existieren erstmals seit Jahren wieder brauchbare Daten über die Leerstände in den Teilgebieten von Chemnitz. Somit liegen für alle 39 Stadtteile Leerstandswerte nach Zensus-Logik vor, die allerdings nicht nach Grund oder Dauer des Leerstandes differenziert veröffentlicht wurden. Dies muss bei der Betrachtung der folgenden Zahlen immer im Hinterkopf behalten werden (Stichwort: nur 74 % der leerstehenden Wohnungen sind innerhalb von drei Monaten wieder bezugsfähig).
Die Leerstandsquote in den Stadtteilen von Chemnitz umfasst eine Spanne von 3,5 % in Reichenhain bis 18,7 % in Morgenleite. Von den sechs Stadtteilen mit den höchsten Leerständen befinden sich vier im Fritz-Heckert-Gebiet: neben Morgenleite sind das Kappel, Hutholz, Helbersdorf (jeweils 15 %). Dazu gesellen sich mit dem Sonnenberg und dem Lutherviertel zwei innerstädtische Quartiere (jeweils 16 %). Mit Ausnahme des Kaßberg (8 %), Altendorf und Kapellenberg (jeweils 9 %) liegen alle innerstädtischen Stadtteile über dem gesamtstädtischen Leerstandswert von 11 %. Im Fritz-Heckert-Gebiet ist Markersdorf mit seinen 9 % im Vergleich zu den anderen Plattenbaustadtteilen des Gebiets ein auffälliger Ausreißer nach unten. Hinweis: für alle Stadtteile mit hohen Mietwohnungsbeständen gilt: seit der Zensus 2022-Messung dürften die Leerstände überall um 1-2 %-Punkte gesunken sein.
Die Leerstandswerte in den Rand-Stadtteilen bzw. jenen in suburbanen Lagen sind weitaus geringer, liegen in einer Spanne von 4 % bis maximal 7 %. Ausnahmen sind hier bspw. Wittgensdorf (11 %) oder Grüna (8 %), wobei hier einschränkend erwähnt werden muss, dass diese Stadtteile zumindest punktuell kleinstädtische Strukturen aufweisen.
Der Zensus 2022 hat die Beschreibung des Leerstandes auf neue, empirisch gesicherte Füße gestellt. Da diese Erhebung allerdings nur einmal pro Jahrzehnt durchgeführt wird und seit Mai 2022 weitere Entwicklungen in Chemnitz (v. a. das Bevölkerungsplus sowie der Zuzug in Mietwohnungen) stattgefunden haben, müssen diese mit weiteren Detaildaten ergänzt werden, um ein präzises Bild des Leerstandes in all seinen Facetten im Jahr 2024 zu zeichnen.
Folgende zusammenfassende Daten über den Leerstand in Chemnitz sind bekannt bzw. müssen als Basis für die Abschätzung des Leerstandes berücksichtigt werden. Die dargestellte Grafik fußt auf neun Variablen, von denen einige relativ sicher, andere dagegen berechnet bzw. geschätzt werden müssen.
1. In Chemnitz existierten – unabhängig von der konkreten Bewohnbarkeit – laut Zensus 153.800 Wohnungen. Zieht man Unterkünfte in Wohnheimen ab (2.300), so verbleiben 149.200 Wohnungen in Wohngebäuden und 2.200 Wohnungen in „Gebäuden mit Wohnraum“, die sich auf rund 151.500 aufsummieren.
2. Rund 2.000 Wohnungen davon werden gewerblich oder als Ferienwohnung genutzt und spielen für den Wohnungsleerstand keine Rolle.
3. Chemnitz dürfte Ende 2024 ungefähr 135.000 (max. 136.000) Haushalte aufweisen. Der Zensus zählte Mitte 2022 132.800 Haushalte, die Stadt Chemnitz veröffentlichte Ende 2022 einen Wert von 133.990; der Bevölkerungszuwachs von 2023 und 2024 (insgesamt +2.835) dürfte 1.000 bis 1.500 Haushalte zusätzlich in die Stadt gebracht haben.
4. Der Zensus 2022 ermittelte 16.700 leerstehende Wohnungen. 24.600 Wohnungen wurden zum Zensus-Stichtag vom Eigentümer bewohnt, 110.300 Wohnungen[1] waren vermietet.
5. Die 16.700 leerstehenden Wohnungen (11 % des Wohnungsbestandes) sind zu 74 % „binnen 3 Monaten bewohnbar bzw. für den Bezug verfügbar“ (12.300). Weitere 2.650 Wohnungen befinden sich in „laufenden oder geplanten Baumaßnahmen“. Rund die Hälfte aller leerstehenden Wohnungen (8.050) steht seit maximal einem Jahr leer, darunter 2.950 Wohnungen seit weniger als drei Monaten (18 %), 2.100 Wohnungen seit drei bis unter sechs Monaten (12 %) und 3.000 Wohnungen seit sechs bis unter zwölf Monaten (18 %). 8.700 Wohnungen stehen länger als ein Jahr leer. Über den Zustand dieser Wohnungen ist nichts bekannt.
6. Die Frage, wieviel Wohnungen innerhalb des Leerstandes als Totalleerstände (Wohngebäude ohne einen einzigen Bewohner = unsanierte/unbewohnbarer Bestände / evtl. Ruinen) kann nicht geklärt werden. 2015 schätzte die Stadt Chemnitz 9.400 Wohnungen in Totalleerständen, die infolge von Sanierungstätigkeiten inzwischen deutlich zurückgegangen sein müssten und inzwischen wohl nur noch 6.000 - 8.000 ausmachen müssten. Wie diese Zahl (und selbst wenn es nur 4.000 bis 6.000 wären) in den Einklang des Zensus-Daten zu bringen ist, bleibt rätselhaft. Der Zensus zeigt, dass es nur 1.700 Wohnungen in Chemnitz gibt, die via Ofen heizen oder über keine Heizung verfügen. These: Die Zahl der Wohnungen in Totallerständen ist inzwischen deutlich kleiner, als es die Werte der Stadt Chemnitz von 2015 (und Fortschreibung) vermuten lassen.
7. Seit Mai 2022 hat sich die Bevölkerungszahl in Chemnitz (bis Ende 2024) um rund 5.200 Personen erhöht. Rechnet man der Vereinfachung mit 2 Personen pro Haushalt, so dürfte sich der Leerstand seit Sommer 2022 um rund 2.500 Wohnungen reduziert haben. Somit hätte sich der Leerstandswert von 16.700 zum Zensus-Zeitpunkt auf rund 14.200 Wohnungen (Ende 2024) verringert. Allerdings muss der Wohnungsneubau in Chemnitz in diesem Zeitraum berücksichtigt werden (500 – 1.000 fertiggestellte Wohnungen). Somit ergibt sich ein Wert von rund 15.000 leerstehenden Wohnungen.
8. Online auffindbar ist für den Wohnungssuchenden eine mittlere vierstellige Zahl an freien Wohnungen. Vor allem die großen Immobilienportale bieten ein reichhaltiges Angebot. Immobilienscout24 listete im August 2024 3.327 Angebote auf, Immowelt 2.838, Immonet 2.821 und [Ebay] Kleinanzeigen 2.184. In Kombination mit Websites von großen und kleinen Wohnungsgesellschaften ist von schätzungsweise rund 5.000 Wohnungen auszugehen, die online an irgendeiner Stelle aufzufinden sind.
9. Die größten Wohnungsmarkt-Anbieter GGG und die sechs großen Chemnitzer Wohnungsgenossenschaften verfügten Ende 2023 zusammen über 51.850 Wohnungen, von denen 4.350 (und somit 8,4 %) leer standen. In ihren eigenen Websites werden davon allerdings nur eine geringe vierstellige Zahl angeboten (August 2024: 1.300).
10. Die Leerstände in den Stadtteilen sind sehr unterschiedlich. Innerstädtische Höchstwerte erreichen der Sonnenberg und das Lutherviertel mit 16 % (Stand Mai 2022), im Fritz-Heckert-Gebiet erreicht Morgenleite mit 19 % die höchste Ausprägung (von den sechs Stadtteilen mit den höchsten Leerständen befinden sich vier im Fritz-Heckert-Gebiet). Mit Ausnahme des Kaßberg (8 %), Altendorf und Kapellenberg (jeweils 9 %) liegen alle innerstädtischen Stadtteile über dem gesamtstädtischen Leerstandswert von 11 %. Seit der Zensus 2022-Messung dürften die Leerstände in Stadtteilen mit großen Mietwohnungsbeständen überall um 1-2 %-Punkte gesunken sein. An Stadtrand sind die Leerstandswerte zumeist in der Spanne von 4 % bis 7 % zu finden. Kleinstädtisch geprägte Stadtteile am Rand oder am Übergang von Kernstadt zur Stadtgrenze können davon nach oben abweichen.
Die Beschreibung bzw. Messung des Wohnungsleerstandes in Chemnitz sowohl auf Ebene der Gesamtstadt oder der 39 Stadtteile ist ein schwieriges, teilweise kontrovers diskutiertes Themenfeld. Einerseits existieren verschiedene Begrifflichkeiten (z. B. Definitionen von Wohnungsleerstand: rechnerischer Leerstand, marktaktiver Leerstand), unterschiedliche Datengrundlagen (z. B. Wohngebäuderegister der Stadt Chemnitz und des Freistaates Sachsen) und Erhebungszeitpunkte (z. B. Zensus-Daten 2011), andererseits sind für die Berechnung des Leerstandes weitere notwendige Variablen ebenfalls mit Unsicherheiten belegt (z. B. Zahl der Haushalte in Chemnitz, Zahl der wirklich auffindbaren freien Wohnungen). Kurzum: Dem Wohnungsleerstand in Chemnitz kann bzw. muss sich auf vielfältige Weise angenähert werden. Die empirische Leerstandsforschung kann an dieser Stelle dazu beitragen, indem sie aufzeigt, welche Daten existieren, welche fehlen und welche Annahmen und Erkenntnisse aus dem Gesamtdatenbestand für die Leerstandsermittlung in Chemnitz und seinen Stadtteilen abgeleitet werden können.
Die folgenden Darstellungen fußen auf drei großen Quellen:
Die im folgenden beleuchteten Daten betrachten das Zeitfenster 2022/2023 und versuchen dabei, die gestiegenen Haushaltszahlen und die sich daraus reduzierten Leerstände bereits mit zu berücksichtigen. Die Zensus-Daten – erhoben 2022 – dürften Licht ins Dunkel bringen, liegen aber erst 2024 vor, sodass auf ältere Datenquellen (2011, 2015, 2020-2022) zurückgegriffen werden muss.
Das Gebäuderegister der Stadt Chemnitz zählt offiziell – ungeachtet der Bewohnbarkeit oder der Art der aktuellen Nutzung – ca. 159.000 Wohnungen, das Statistische Landesamt ermittelt via Fortschreibung der Zensus-Erhebungen von 2011 ca. 156.000 Wohnungen. Diesen Werten stehen dabei ca. 135.000 Haushalte entgegen. Basierend auf der Zahl der Wohnungen und der Haushalte kann der sogenannte „rechnerische Wohnungsleerstand“ ermittelt werden. Dessen Berechnungsformel geht von der Logik aus, dass jeder Haushalt exakt eine Wohnung bewohnt.
Blickt man auf den Trend und ignoriert Kommastellen, so wird sichtbar, dass der (rechnerische) Wohnungsleerstand bis 2016 sank, dann aber in der Folgezeit durch Neubauaktivitäten und (mehr oder weniger) konstante Haushaltszahlen wieder leicht stieg und seitdem ein konstantes Niveau erreicht. Die steigende Anzahl an neu errichteten Wohnungen wuchs dabei nahezu identisch mit der Zahl der Haushalte, sodass der rechnerische Leerstand annähernd unverändert blieb.
Als Wohnungen zählen hierbei nicht nur Mietwohnungen in (großen) Mehrfamilienhäusern, sondern auch Einfamilienhäuser (die im Sinne der Statistik als eine Wohnung gewertet werden). Basierend auf der Rechenformel „Vorhandene Wohnungen minus Haushalte in Chemnitz“ standen demnach Ende 2022 je nach Quelle absolut zwischen 22.100 und 24.500 Wohnungen in Chemnitz rechnerisch leer. Relativ betrachtet betrug der Leerstand in Chemnitz somit (gerundet und je nach Quelle) 14 % bis 15 %. Für die Interpretation des Wertes ist zu beachten, dass diese Zahl alle leeren Wohnungen – unabhängig vom Grad der Sanierung – beinhaltet. Für den Wert spielt es keine Rolle, ob die Wohnungen neu saniert oder aufgrund des Bauzustandes unvermietbar sind.
Blickt man auf die Entwicklung seit 2010, so wird sichtbar, dass der (rechnerische) Wohnungsleerstand bis 2016 sank, dann in der Folgezeit durch Neubauaktivitäten und wachsende Haushaltszahlen kurzfristig konstant blieb. In den Jahren 2019 und 2021 stieg der rechnerische Wohnungsleerstand – infolge der Corona-Einflüsse – wieder an (+2.500 bis 2.900 Wohnungen). Drei Jahre Bevölkerungsverlust und punktueller Wohnungsneubau machten sich hier bemerkbar. Ab 2022 sind dann deutliche Rückgänge der Leerstände zu verzeichnen. Bei einem Bevölkerungsplus von rund 8.000 Menschen kann man von rund 3.500 bis 4.000 zusätzlichen Haushalten ausgehen, sodass sich der rechnerische Leerstand Ende 2023 in der Größenordnung von 21.000 bis 23.500 Wohnungen bewegen müsste.
Befund 1: Der rechnerische Wohnungsleerstand beträgt in Chemnitz – Stand 2023 – 13 % bis 14 %. Der Wert umfasst alle Wohnungen in Chemnitz, d. h. er zieht die Gesamtheit der in Chemnitz auf dem Papier existierenden Wohnungen mit ein und kann nicht differenzieren, ob Wohnungen bewohnbar, saniert, vermietet bzw. vermarktet oder überhaupt zu Wohnzwecken verwendet werden. Außerdem ist seine Berechnungsformel umstritten, da die Zahl der Haushalte nur näherungsweise berechnet werden kann und das Postulat „1 Haushalt = 1 Wohnung“ nur Teile der Realität erfasst. Kurzum: Rechnerischer Leerstand und realer Leerstand in Chemnitz sind zwei Größen, die sich deutlich unterscheiden.
Nach der Berechnung des rechnerischen Leerstandes muss man sich in weiteren Schritten der Ermittlung des realen Leerstandes mit zusätzlichen Herangehensweisen und anderen Daten nähern.
Die Berechnung des realen Wohnungsleerstandes in Chemnitz erweist sich als schwierig, da je nach Quelle und Blickwinkel verschiedene Kennzahlen zu Rate gezogen werden können. Nach dem Motto „Leerstand ist nicht gleich Leerstand“ sind vier Kenngrößen relevant, mit deren Hilfe man sich dem Phänomen annähern kann: 1. die Anzahl der Haushalte (die thesenhaft der Anzahl der bewohnten Wohnungen entspricht); 2. die Anzahl aller existierender Wohnungen in Chemnitz (unabhängig vom Sanierungszustand, also inkl. unsanierter Wohngebäude); 3. die Anzahl der bewohnbaren Wohnungen, die sich in einem „zeitgemäßen Sanierungsstand“ befinden; 4. die Anzahl der freien „marktaktiven“ Wohnungen, die tatsächlich vermietbar sind und auch angeboten werden.
Totalleerstände:
Mit Hilfe des Einwohnermelderegisters wurden 2015 erstmals die Totalleerstände (Wohnadressen ohne gemeldete Einwohner) in Chemnitz ermittelt bzw. veröffentlicht. So zählte die Statistikstelle ca. 1.700 Adressen von Wohngebäuden ohne Einwohnermeldungen. Somit sind 5 % aller Wohngebäude in Chemnitz unbewohnt. Die Stadtverwaltung geht in diesen Adressen von schätzungsweise 9.400 leerstehenden Wohnungen aus, die somit als nicht-marktaktive Wohnungen klassifiziert werden. Aktuelleres Zahlenmaterial liegt seitdem nicht vor bzw. wurde nicht veröffentlicht. Der Wert von 2015 dürfte sich seitdem aber deutlich verringert haben, da sich viele Wohngebäudesanierungen auf vollkommen unsanierte gründerzeitliche Gebäude konzentriert haben und diese wieder bewohnbar gemacht haben. Ein durchschnittlicher Altbau in Chemnitz weist 8-12 Wohnungen auf, sodass in Anbetracht der Vielzahl an Sanierungen zwischen 2015-2023 inzwischen wohl nur noch geschätzt 8.000 Wohnungen in Wohngebäuden als Totalleerstände gelten können.
Befund 2: Befund 2: Zieht man rund 8.000 Wohnungen, die sich in unbewohnten Totalleerständen befinden, vom Gesamtwohnungsbestand ab, so erhält man ca. 148.000 (Datenbasis: ZENSUS-Daten des Statistischen Landesamtes) bis 151.000 (Datenbasis: Wohngebäuderegister Chemnitz) bewohnbare Wohnungen. Nimmt man nun erneut die Formel des rechnerischen Leerstandes und bedenkt die 135.000 Haushalte, so stehen nun nur noch 13.000 (9 %) bis 16.000 (11 %) Wohnungen leer. Kurzum: Der rechnerische Wohnungsleerstand in Chemnitz (Stand 2023) liegt – klammert man Wohnungen in Totalleerständen aus – bei ca. 9 bis 11 %.
Leerstand laut Zensus-Daten (2011):
Der Zensus 2011 erhob in einer Vollerhebung den Wohnungsbestand und zählte in Chemnitz insgesamt 156.300 Wohnungen, darunter 151.500 Wohnungen in reinen Wohngebäuden, von denen ca. 1.200 gewerblich genutzt wurden. Weiterhin ermittelte er 20.600 leerstehende Wohnungen (14 %), zog dabei allerdings alle Wohnungen ungeachtet ihrer Qualität ein. 95 % aller Wohnungen verfügten laut Zensus 2011 zum damaligen Zeitpunkt über eine Sammelheizung (je nach Grundgesamtheit von 151.500 bis 156.300 folglich ca. 143.900 bis 148.500 Wohnungen); 94 % über eine Sammelheizung UND eine Badewanne bzw. Dusche UND ein WC, müssten also „saniert“ bzw. zeitgemäß ausgestattet sein (je nach Grundgesamtheit also 142.400 bis 146.900 sanierte Wohnungen). Im Sinne der Zensus-Daten existierten in Chemnitz 2011 somit ca. 9.000 Wohnungen, die heutigen Wohnstandards nicht mehr genügen. Der Vereinfachung halber dürften diese als „unsaniert“ umschrieben werden – der Zensus weist explizit 4.700 Wohnungen auf, die mit Einzel- oder Mehrraum-Öfen heizten. Es ist davon auszugehen, dass eine geringe vierstellige Zahl dieser einstmals unsanierten Wohnungen inzwischen saniert worden sind.
Befund 3: Nimmt man die Daten des Zensus von 2011 und dessen Aussagen zum Sanierungsstand der Wohnungen, bedenkt weiterhin das Sanierungsgeschehen in Chemnitz zwischen 2012 und 2022 und kalkuliert mit einer realen Wohnungszahl in Chemnitz von 156.000 bzw. 159.000, so dürften davon ungefähr 148.000 bis 151.000 bewohnbar im Sinne von „saniert“ sein. Zieht man davon die aktuell gewerblich genutzten Wohnungen ab, so müssten schätzungsweise 146.000 bis 149.000 Wohnungen dem Wohnungsmarkt real zur Verfügung stehen. Dies entspräche bei 135.000 Haushalten einem Leerstand von 11.000 bis 14.000 bewohnbarer Wohnungen (8 % bis 10 %).
Leerstand im Sinne auffindbarer und aktiv beworbener Wohnungen:
Recherchiert man aktiv nach der Gesamtzahl der freien, tatsächlich auch angebotenen Wohnungen in Chemnitz, findet man über diverse Immobilien-Plattformen eine Vielzahl von Wohnungen; die Werte schwanken und sind seit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges relativ stark zurückgegangen.
Weiterhin listeten die großen Wohnungsmarkt-Akteure auf ihren eigenen Seiten eine Vielzahl von freien Wohnungen auf, v. a. die GGG/wohnen in chemnitz (ca. 1.600 im April 2021 / 1.050 im Juni 2022 / 2023 nur noch dreistellig) und die Chemnitzer Wohnungsgenossenschaften. Darüber hinaus lassen sich auf den Webseiten der großen Immobilien-AGs (z. B. TAG Wohnen, Grand City Property) wenige hundert Angebote finden, die jedoch teilweise deckungsgleich bei den Immobilienbörsen gelistet sind. Dazu kommen freie Wohnungen, die ausschließlich über kleinere Online-Plattformen (z. B. nur auf Makler-Seiten) oder komplett über andere Kanäle vermarktet werden (Zeitungen / persönlicher Kontakt). Rechnet man alle Werte zusammen (und bedenkt Doppelungen), so liegt die Anzahl freier und angebotener Wohnungen wohl in der Spanne zwischen geschätzten 5.000 bis 7.000. Die Zahl ist seit 2022 deutlich rückläufig.
Befund 4: Zieht man für die Berechnung des marktaktiven Leerstandes nur jene Wohnungen in Chemnitz zu Rate, die frei sind, angeboten werden bzw. auffindbar sind, so ergibt sich ein marktaktiver Leerstand von ca. 3,5 % bis 5 % bzw. in absoluten Zahlen ein hoher vierstelliger Wert
Leerstand laut Wohnraumkonzept Chemnitz 2030:
Das von der Stadt Chemnitz beauftragte „Wohnraumkonzept Chemnitz 2030“[1] (erstellt 2018) beschäftigt sich ausführlich mit dem Leerstand und stellt in Kapitel 3 fest: „Für die Stadt Chemnitz ist ein hoher Alt-baubestand insbesondere in den zentrumsnahen Gebieten charakteristisch, welche zunehmend stärker nachgefragt werden. Entsprechend gehen die ursprünglich sehr hohen Leerstände zurück, auch wenn die Leerstandsquote weiterhin über dem gesamtstädtischen Durchschnitt liegt. Ein nicht unerheblicher Anteil der leerstehenden Altbauten ist in einem nicht-marktaktiven Zustand, ihr Anteil liegt bei ca. 5,2 %. In den Großwohnsiedlungen bewirkte die Phase des Rückbaus und der Wohnraumanpassungen eine inzwischen für Chemnitz unterdurchschnittliche Leerstandsquote. Hinzu kommt in jüngster Zeit ein Nachfrageanstieg. Im Ergebnis weisen die acht großen Wohnungsunternehmen einen durchschnittlichen Leerstand von rund 9 %. auf. Der gesamtstädtische Leerstand kann für 2015 auf 14 % oder 22.000 Wohnungen geschätzt werden.“
Leerstand nach Daten anderer Forschungseinrichtungen:
1. Der CBRE-empirica-Leerstandsindex stellt flächendeckend für ganz Deutschland regionale Informationen über aktuelle und künftige markt-aktive Leerstände in Geschosswohnungen zur Verfügung. Grundlage der Zahlen bilden dabei Bewirtschaftungsdaten des Immobilienberatungsunternehmens CBRE (rund 915.000 Wohneinheiten zum Stichtag 31.12.2022) sowie umfangreiche Analysen und Schätzungen auf Basis der empirica-Regionaldatenbank und des Statistischen Bundesamtes. Für Chemnitz wird für das Jahr 2022 ein marktaktiver Leerstand – definiert als „freie Geschosswohnungen, die unmittelbar vermietbar oder mittelfristig aktivierbarer sind, ohne „Ruinen“ oder dysfunktionale Leerstände“ – von 8,2 % ausgewiesen[1]. Im Vergleich zum Vorjahr (9,0 %) war ein Rückgang festzustellen, der sich bundesweit über alle Landkreise/kreisfreien Städte erstreckte: „Es ist der größte Rückgang in der Historie des Leerstandsindex. Erstmals gibt es […] in keinem der 400 Kreise einen Anstieg zu vermelden.“
2. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung schätzte im Jahr 2021 im „Fachbeitrag Wohnungsleerstände[2]“ den Wohnungsleerstand aller deutschen Kreise und kreisfreien Städte ab und ordnete Chemnitz Stand 2017 – ohne konkrete Werte zu nennen – in die Rubrik „10 % und mehr“ (Anteil leerstehender Wohnungen an allen Wohnungen) ein.
Leerstand von Wohnungsmarktakteuren in Chemnitz:
1. Die Grundstücks- und Gebäudewirtschafts-Gesellschaft m.b.H. (GGG) als größtes Wohnungsunternehmen in Chemnitz weist einen Gesamt-Leerstand von 12,5% auf. Im „29. Beteiligungsbericht[1] der Stadt Chemnitz auf Basis der Ergebnisse 2022“ heißt es: "Im Jahr 2022 bewirtschaftete die Gesellschaft 23.854 Wohneinheiten und 615 Gewerbeeinheiten. Zum 31.12.2022 standen 2.971 Wohneinheiten (Vj. 3.242 WE) der Gesellschaft leer.“ Im Vorjahr (Ende 2021) hatte er bei 13,6 % gelegen. Im von starken Bevölkerungszuwächsen geprägten Jahr 2022 reduzierte sich der GGG-Leerstand somit um 1,1 %-Punkte (bzw. 270 Wohnungen).
2. Die sechs großen Chemnitzer Wohnungsgenossenschaften vermeldeten für den 31.12.2021 bei insgesamt 28.200 Wohnungen einen Leerstand von 8,8 % (2.481 Wohnungen).[2] Ein Jahr später[3] reduzierte sich dieser Wert auf „rund 8 % bzw. 6 %, wenn man nur marktaktive Wohnungen berücksichtigt“. Nimmt man exakt 8 % als rechnerische Basis, so dürften am 31.12.2022 ca. 2.250 der 28.200 Wohnungen leer gestanden haben.
Befund 5: Addiert man die Werte der GGG und der sechs Genossenschaften in Chemnitz, so erhält man für Ende 2022 eine Leerstandsquote von exakt 10 % (52.050 Wohnungen, davon 5.200 leerstehend; die Wohnungen dürften allesamt saniert bzw. bewohnbar sein). Die Zahl der leerstehenden Wohnungen der genannten Wohnungsmarktanbieter hat sich somit im Jahr 2022 infolge der Flüchtlingszuwächse um rechnerisch 500 Wohnungen reduziert. Ende 2021 hatten rund 5.700 Wohnungen (bei 52.100 Einheiten) leer gestanden.
Folgende zusammenfassende Daten über den Leerstand in Chemnitz sind bekannt bzw. müssen als Basis für die Abschätzung des Leerstandes berücksichtigt werden. Die dargestellte Grafik fußt auf sechs Variablen, von denen einige relativ sicher, andere dagegen berechnet bzw. geschätzt werden müssen.
1. In Chemnitz existieren – unabhängig von der konkreten Bewohnbarkeit – zwischen 156.000 und 159.000 Wohnungen. Die Zahlen sind relativ aktuell – zwei unterschiedliche Quellen existieren. Schon allein die hier aufgeführte Differenz der Wohnungszahl von knapp 3.000 zeigt, wie schwer die genaue Ermittlung des Leerstandes ist.
2. Für die Stadt Chemnitz wurden via Verfahren der Haushaltegenerierung letztmalig ein Wert von 133.990 Haushalten ermittelt (Stand Ende 2022). Über die Genauigkeit des Verfahrens wird kontrovers diskutiert. Es gibt aber Stand heute keine validere Zahl. Für jeden der 134.000 Haushalte wird angenommen, dass er exakt eine Wohnung bewohnt. Schon bereits Familien, die zwei Wohnungen angemietet haben (zwei nebeneinanderliegende bspw.) werden hier nicht mehr erfasst. Im Jahr 2023 dürfte der Wert infolge des Bevölkerungszuwachses auf geschätzte rund 135.000 Haushalte gestiegen sein.
3. Im Jahr 2015 ermittelte die Stadt Chemnitz 9.400 Wohnungen in Gebäuden, die als Totalleerstände (keine Bewohner in der Adresse) deklariert wurden. Seitdem haben sich jedoch Sanierungsaktivitäten auf gründerzeitliche Altbauten fokussiert und einige der Wohnungen bzw. Häuser wieder bewohnbar gemacht. Der Wert von 2015 müsste deutlich gesunken sein; die genaue Zahl ist unbekannt. Schätzung daher: ca. 8.000 Wohnungen in unsanierten Häusern verbleiben.
4. Der Zensus ermittelte 1.200 gewerblich genutzte Wohnungen (z. B. als Büro). Mit anderen Nutzungsformen (Lager, Atelier, Ferienwohnungen, Airbnb) schätzt die Analyse pauschal 1.500 Wohnungen. Das kann falsch sein, aber bei dem geringen Umfang ist das zweitrangig.
5. In den großen Online-Immobilienportalen (Immowelt, -net, -scout, Ebay Kleinanzeigen) lassen sich mehrere tausend Wohnungsangebote finden – je nach Plattform und Stand 2.000 bis 3.000 Wohnungen. Hierunter befinden sich auch viele Wohnungen, die die großen Wohnungsmarktakteure (GGG + Genossenschaften + große Wohnungsmarktanbieter der Privatwirtschaft wie TAG, Grand City Property) auf ihren eigenen Webseiten anbieten. Dort wiederum finden sich weitere Angebote, welche nicht auf bei Immobilienscout/-net/-welt präsentiert werden. Rechnet man alle Werte zusammen (und bedenkt Doppelungen), so liegt die Anzahl freier und angebotener Wohnungen im Bereich eines mittleren vierstelligen Wertes (mindestens 5.000 – maximal wohl ca. 7.000). Dazu kommt eine unbekannte Zahl freier Wohnungen, die ausschließlich über kleinere Online-Plattformen (z. B. nur auf Makler-Seiten) oder komplett über andere Kanäle vermarktet werden (Zeitungen / persönlicher Kontakt). Schätzung daher: eine hohe vierstellige Zahl im Bereich von ca. 7.000 bis 9.000 Wohnungen lässt sich theoretisch finden!
6. Über den Block der nicht-findbaren, nicht aktiv vermarkteten Wohnungen ist am wenigsten bekannt. Sie existieren aber in nicht geringem Umfang. Zwei Beispiele: Die GGG und die Genossenschaften wiesen Ende 2022 ca. 5.200 leere Wohnungen auf, von denen online höchstens 1.500 auffindbar waren. Ein Großteil der leeren Wohnungen ist nicht auffindbar – ein gewisser Teil dürfte zurückgehalten werden, um saniert werden zu können; was mit den weiteren Wohnungen „los“ ist, ist aus Sicht Außenstehender unklar. Natürlich wird es Gründe geben. Fazit: Das Phänomen, dass Wohnungsunternehmen nur Teile ihrer freien Wohnungen aktiv vermarkten, findet man sowohl bei GGG als auch bei Genossenschaften. Insgesamt ist davon auszugehen, dass in Chemnitz mehrere tausend leerstehende Wohnungen aktuell nicht angeboten werden. Über die in den Punkten 1 bis 5 genannten Zahlen kann sich dem Bereich „nicht angeboten / marktaktiv, aber nicht auffindbar“ der freien Wohnungen nur rechnerisch genähert werden: Ergebnis: mittlere vierstellige Zahl. Dieser Wert ist derjenige, der mit den meisten Unsicherheiten versehen ist.
Anmerkung: Die Daten der Volkszählung „Zensus 2022“ werden mit Stand Mai 2022 in der Lage sein, den Leerstand valide wiedergeben zu können. Vor allem die Zahl der real bewohnten Wohnungen dürfte hierbei spannend sein (siehe Punkt 2). Es ist fast schon symptomatisch für die Leerstandsforschung, dass – nach 11 Jahren Warten auf diesen Wert – diese eine Zahl infolge der Flüchtlings- bzw. Bevölkerungszuwächse in Chemnitz bereits wieder veraltet sein wird. Die Zensus-Ergebnisse werden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Sommer 2024 veröffentlicht.
Daten zur Struktur des Leerstandes im Sinne von Angebotswohnungen finden Sie im Bereich Wohnungsmarkt-Stichprobe, Daten zu den Preisen im Bereich Angebotsmieten.
Auf Ebene der Stadtteile existieren keine aussagekräftigen und veröffentlichten Leerstandsdaten. Bekannt sind lediglich die Zahl der Wohnungen (unabhängig vom Grad der Sanierung) und die Zahl der Haushalte. Die großen Chemnitzer Wohnungsgesellschaften sind in ausgewählten Stadtteilen (z. B. in Teilen des Heckert-Gebiets mit ausschließlich Plattenbaubeständen) womöglich in der Lage, reale Leerstände zu berechnen, indem sie ihre Daten vor Ort mit denen anderer zusammenführen (z. B. mit einer weiteren Genossenschaft). Kurzum: Auf Ebene der Stadtteile kann man sich dem Leerstand nur über die Kenngrößen „Wohnungen im Stadtteil“ / „Haushalte im Stadtteil“ und über die Differenz beider Werte (=rechnerischer Leerstand) annähern. Da weiterhin bekannt ist, dass sich Totalleerstände überwiegend in Gebieten mit viel Altbausubstanz befinden, könnte man annehmen, dass hier (in Stadtteilen mit viel Gründerzeitbausubstanz) der reale Leerstand deutlich unter dem rechnerischen Leerstand liegt. Dieser Ansatz ist aber – will man ihn für einen Stadtteil konkret anwenden – schwierig, da schlussendlich nicht bekannt ist, wo genau sich die Totalleerstände befinden und wie viele Wohnungen sich darin befinden. Es wäre inhaltlich viel zu kurz gedacht, pauschal in jedem Stadtteil 5 %-Punkte vom rechnerischen Leerstand abzuziehen, um irgendwie von ca. „15-16 % rechnerischem Leerstand“ auf „ca. 10 % marktaktivem Leerstand“ zu kommen. In manchen Stadtteilen mag das funktionieren, im Fritz-Heckert-Gebiet zum Beispiel, wo es de facto keine Totalleerstände gibt, scheitert dieser Ansatz.
Die im Folgenden abgebildeten Leerstandszahlen fußen auf Werten vom 31.12.2020, d. h. in die Berechnungen wurden 132.700 Haushalte und 158.100 Wohnungen einbezogen. (Ende 2023 wies
Chemnitz rund 135.000 Haushalte auf; die Zensus-Daten werden hier Licht ins Dunkel des Leerstandes bringen). Infolge des starken Zuzugs 2022 dürften die Werte inzwischen in allen Stadtteilen
etwas geringer sein, vor allem in jenen mit starkem Bevölkerungswachstum.
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